Montagmittag im BigBrother-Container: aus Spaß jagt Simon die Mitbewohnerin Frauke durch das Schlafzimmer. Als er sie erwischt, beißt er ihr so stark in den Arm, dass deutliche Abdrücke blieben. Danach zerrte er sie vom Bett, mit dem Rücken über den Holzrahmen, sie fiel hinunter und wurde von ihm an den Füßen über den Boden gezogen.
Unsere Gesellschaft ist abgestumpft genug, um solche Szenen zu verharmlosen. Besonders vor dem Hintergrund, dass es sich hierbei um eine, bei den Zuschauern, unbeliebte Teilnehmerin des Formates handelt.
Trotzdem ist es ein Thema, welches man aufgreifen sollte. Gerade aus diesem Grund: das Recht auf körperliche Unversehrtheit haben nämlich nicht nur beliebte Menschen.
Wie reagierte Frauke?
Frauke überspielte die Situation zunächst mit Ungläubigkeit: „Alter, was ist mir Dir!?“. Dann wandte sie sich an Benedikt: „Guck mal, da ist sogar ein Abdruck…!?“. Aber weder Benedikt noch Tanja, die später hinzukam, reagierten auf die Aktion.
Unmittelbar danach verließ Frauke das Schlafzimmer und ging in den Außenbereich. Dort sprach sie Mateo an, zeigte den immer noch sichtbaren Abdruck des Bisses, bekam aber auch dort keine relevante Reaktion.
Keine Klage wegen sozialen Druck?
Wie würde Frauke bei den Mitbewohnern oder Zuschauern dastehen, wenn sie sich in dieser Situation über den zugefügten Schmerz beklagt hätte?
Genau diese Frage stellt sich ein Mensch in einer solchen Situation. Der soziale Druck verhindert eine Klage oder eine Beschwerde, obwohl sie – wie jeder Mensch in dieser Lage – das Recht darauf hätte.
Möglicherweise hätte sie später sogar noch ein Wort bei Simon darüber verloren, wenn ihre Befürchtungen nicht durch die ausbleibenden Reaktionen der Mitbewohner bestätigt worden wären.
Wie reagierte die Produktion?
Die Produktion setzte den Livestream sogar um ca. 30 Sekunden zurück, mutmaßlich um die Szene ausstrahlen zu können.
Obwohl die Produktion eine Sorgfaltspflicht gegenüber den Teilnehmern hat, wurde Frauke danach nicht ins Sprechzimmer gerufen, um sich bei ihr persönlich zu erkundigen, ob möglicherweise eine Grenze überschritten wurde.
Wo genau sind die Grenzen bei körperlicher Gewalt zu ziehen?
Beim gesamten Vorfall geht es unter anderem genau um diese Frage.
Ist ein Biss in Ordnung, solange er nicht blutet?
Ist eine Ohrfeige in Ordnung, solange man danach keine Abdrücke Hand im Gesicht sieht?
Wäre es in Ordnung, wenn man mit der Faust zuschlägt, aber danach „Spässcheeeen“ ruft?
„Bis einer heult…“ war bereits unser Gedanke bei den „Ringer-Spielchen“ von Chris und Nicos auf den Matten im Innenhof. Der wesentliche Unterschied hierzu war allerdings die Tatsache, dass die Beiden sich bewusst dazu verabredet hatten.
Frauke hingegen bat Simon nicht darum, ihr körperliche Schmerzen zuzufügen.
Will man im BigBrother-Container die Grenze im Sinne der deutschen Gesetzeslage ziehen, handelte es bei Simons Tat um eine leichte Körperverletzung, solange die Verletzung keinerlei Folgen hat.
Dementsprechend müsste er genau genommen von der Produktion vom TV-Projekt ausgeschlossen werden.
Triggergefahr bei mutmaßlich harmlosen Späßen
Menschen können sich von sämtlichen Situationen und Ereignissen getriggert fühlen, wenn sie in der Vergangenheit ein traumatisches Ereignis erlebten.
Besonders Jagdszenen im Schlafzimmer, das aus dem Bett und über den Boden zerren eines fremden Menschen, dessen Vergangenheit man nicht kennen kann und ihn an traumatische Erfahrungen mit häuslicher Gewalt erinnern könnte, birgt da eine besondere Gefahr.
Wie gefährlich sind menschliche Bisse?
Ungefährlich sind menschliche Bisse auf keinen Fall. Selbst wenn die Haut oberflächlich betrachtet kaum verletzt wurde, besteht noch immer die Gefahr von Infektionen. Und wie kompliziert die medizinische Betreuung im TV-Projekt BigBrother sich gestaltet, davon konnte sich jeder Live-Zuschauer schon ein Bild machen: selbst kühlende Gels, eine Wärmflasche oder die Pille für die Frauen dürfen nicht im Container behalten werden. Bei Letzterem soll es auch schon einmal zu Verwechslungen bei der Vergabe über das Sprechzimmer gekommen sein.
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